Tipps zum Umgang mit Prüfanträgen bei Impfstoffverordnungen

Im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein gab es im November 2021 eine Vielzahl von Prüfanträgen, da Vertragsärzte Impfstoff fehlerhaft über ein Einzelrezept auf den Namen des Patienten ausgestellt worden haben. Richtig wäre die Verordnung über den Sprechstundenbedarf gewesen.

Konkret geht es um die Verordnung von Gardasil zur Impfung gegen HPV und Shingrix gegen Herpes Zoster in den vergangenen Jahren.

Grundsätzlich sind 10er Packungen aus wirtschaftlichen Gründen zu bevorzugen. Immer dann, wenn Praxen sicher sind, keine 10er Packung verimpfen zu können oder keine 10er Packung an Impfstoff verfügbar ist, kann auch die Einzeldosis über ein SSB- Rezept bezogen werden. Auch, wenn Impfstoffe aufgrund von Lieferengpässen nur als Einzelimpfstoff lieferbar sind (aktuell z. B. Pneumovax 23), werden diese als SSB verordnet.

Rechtlich fraglich ist also, ob der falsche Bezugsweg ausreicht, um den Arzt in Regress zu nehmen, obwohl durch sein Verhalten nicht wirklich ein Schaden entstanden ist. Die Rechtsprechung hat sich hierzu schon einmal geäußert und entschieden, dass eine fehlerhafte Verordnung über den Sprechstundenbedarf eine verschuldensunabhängige Ersatzpflicht auslöst. Wenn ein Mittel nicht über den Sprechstundenbedarf verordnungsfähig ist, kommt eine Berücksichtigung ggfs. ersparter Aufwendungen als schadensmindernder Vorteil nicht in Betracht. (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Januar 2012 – L 11 KA 83/10 –, juris)

Vorliegend ist der Sachverhalt aber anders. Es sind Mittel über Einzelrezept verordnet worden, die grundsätzlich verordnungsfähig waren, wenn auch über den Sprechstundenbedarf. Vorwerfbar ist dem Arzt lediglich die Verwendung eines falschen Rezeptvordrucks.

Außerdem könnte im Hinblick auf §106 b) Abs. 2a Satz SGB V analog argumentiert werden, dass Regresse auf die Differenz der Kosten zwischen der richtigen und der tatsächlichen Verordnung reduziert sein sollen. Die Differenz dürfte hier Null sein.

Es gibt drei mögliche Vorgehensweisen für betroffene Ärzte:

1. Akzeptanz des Regresses und Rücksendung der beigefügten Vereinbarung.
Das Verfahren ist dann beendet.

2. Nichtstun
Die Prüfungsstelle wird dann von Amts wegen entscheiden

3. Stellungnahme einreichen innerhalb der gesetzten Frist
Nennen Sie die Gründe, warum Sie sich gegen den Antrag wehren (s.u.). Wenn die Zeit knapp wird, beantragen Sie Fristverlängerung für die Abgabe einer Stellungnahme. Die Prüfungsstelle wird dann entscheiden.

Sie sollten prüfen, ob

  • die Antragssumme und die auf den beigefügten Rezeptkopien ausgewiesenen Beträge identisch sind
  • Zuzahlungen von Patienten berücksichtigt wurden
  • der Schaden richtig ermittelt worden ist, indem Sie prüfen ob Ihnen der komplette Nettobetrag des Impfstoffes als Schaden angelastet wurde (was nicht korrekt wäre) oder der Differenzbetrag zwischen der fehlerhaften Verordnung über Einzelrezept und der richtigen Verordnung über den Sprechstundenbedarf. Damit würde dann nur der über den Bezugsweg entstandene Schaden regressiert, was wohl nicht zu beanstanden wäre.

Da es sich um individuelle Verfahren handelt, muss jeder betroffene Arzt sein Verfahren selbständig führen und eine Stellungnahme abgeben bzw. signalisieren, sich gegen den Regress wehren zu wollen.